Willkommen zu davaidavai 145,
die Weihnachtszeit naht. Oder wie wir diese wundervolle Phase im Jahr nennen: Q4. Ein besinnlicher Mix aus Projekten, die noch vor dem 20. enden müssen, Kita-Viren und Glühwein, der 9 Euro pro Becher kostet.
Zum Glück gibt es davaidavai. Hier wird noch für die nötige Stimmung in Sachen Weihnachten gesorgt, wenn es sonst niemand tut. Neben meiner alljährlichen, stetig wachsenden “etwas weniger peinlichen Weihnachtsplaylist” kommen auch in der 145. Ausgabe ganz viele Marketing & Gedöns Links, die ich in den letzten Wochen geklickt habe, damit ihr es nicht tun müsst.
Wie immer geht es in davaidavai zwar vorranging um Marketing-verwandte Themen. Wer mich kennt, weiß aber, dass der Übergang ins Politische bei mir oft fließend ist. In der aktuellen absatzwirtschaft habe ich einen Kommentar zur Rolle des vergessenen Jungmanns in der Demokratie. Und mein Sicherheitspolitik/Ukraine Newsletter
freut sich ebenso auf neue Leser:innen wie mein Desinformationsnewsletter .Viel Spaß mit davaidavai 145. Frohen Advent. Immer dran denken.
Es ist nur noch ein davaidavai bis Weihnachten.
Gerald (LinkedIn)
P.S. Wer diesen Newsletter weiterempfiehlt, bekommt auch Geschenke vom Weihnachsmann
In eigener Sache
Lasst uns mal ganz kurz über Weihnachtsmusik reden.
Meine etwas weniger peinliche Weihnachtsplaylist (Spotify)
🎄 Ja, es ist Weihnachten, aber trotz der Weihnachtsfeier mit zu viel Glühwein mit Herrn Müller aus dem Einkauf sollten wir trotzdem nicht etwas Stil verlieren. Vor allem in Sachen Musik. Deshalb bastle ich seit Jahren an einer Pop-Weihnachtsplaylist jenseits von Mariah Carey (subjektiv geht Last Christmas trotzdem in Cover Versionen), für die man sich nicht schämen muss, und teile sie hier einmal jährlich mit euch - quasi als Jahresenddank. Und wenn ich “etwas weniger peinlich” sage, dann meine ich: Etwas. Gute Weihnachtsmusik braucht IMMER diesen Base-Layer of cheesiness und kollektivem emotionalen Selbstbetrug. Das sind die Regeln. 🎶 Vorschläge für die Liste? Sehr gerne.
Strategien
Was wir tun, um das zu erreichen, was vor uns liegt.
Warum du als Stratege/in nicht besser wirst (A Benign Conspiracy)
🤓 Jon Crowley hat drei gute Entwicklungstipps für Menschen, die sich als Strateg:innen definieren und fortentwickeln wollen. Und das - surprise - sogar inhaltlich: “Lerne nicht nur von denen, von denen alle lernen. Verwechsele Handwerk nicht mit Stil. Arbeite nicht für das, was Menschen glauben, was sie brauchen sondern für das, was ihnen hilft.” Lohnt sich zu lesen - nicht nur, aber auch für jüngere Kolleg:innen.
The Customer-Centric Transformation (Helge Tennø)
🎯 Customer Centricity ist eines dieser Buzzwords, die jeder nutzt und die überall etwas anderes bedeuten. Der Stratege Helge Tennø kommt hier mit einem Modell der Ebenen, die für ihn Kundenzentriertheit beeinflussen. Simpel, nachvollziehbar und richtig – so kann man weiterreden. Der Mann ist sowieso wahnsinnig schlau.
Transformationen
Veränderungen, die gerade stattfinden.
Nike wickelt RTFKT ab (Fashion United)
👟 Vor drei Jahren mit großem Tamtam gekauft, schließt Nike nun sein web3-Label RTFKT. Mehr als nur das Ende einer NFT-Plattform ist es auch ein Symbol für die gescheiterte Strategie des Ex-CEOs Donahoe – und ein Abgesang auf eine überhitzte Ära, in der rauchende Affen für Millionen gehandelt wurden. Was für Zeiten. Krisen haben ja auch was Gutes. Die Zeiten sind nämlich vorbei.
Dutzende Trendstudien 2024/2025 (Google Drive)
📂 Eine absolut Schatzkiste an Wissen: 155 aktuelle Studien von A wie Accenture bis Z wie Zendesk. Hinter diesem Google-Link findet ihr 1,5GB an Branchen-, Innovations- und Medienstudien aus allen Bereichen. Perfekt zum Abspeichern und vergessen. 😉 Dennoch: Völlig unfassbare Masse an Material, für alle, die an Weihnachten noch etwas zu lesen suchen.
Creative
Lieblings-Kreativbeiträge und -produkte der letzten Tage
Is Creativity Dead? (New York Times)
🎥 Der kanadische Filmemacher Kirby Ferguson stellt die Frage, wo Kreativität heute überhaupt noch zu finden ist. In seinem Kurzfilm/NY Kommentar reflektiert, ob wir dank Social-Media-Algorithmen in einer Welt des kreativ aussehenden Gleich-Gleich feststecken. Oder ob es neben dem neuen digitalen Mainstream noch kreative Nischen gibt.
“Was würdest du mit mir tun?” (LinkedIn)
😹 Die Welt “sexistischer Kackscheiße” betrifft zwar in fast allen Fällen Frauen. Aber es gibt doch zunehmend Cases, wo ich als Typ denke: Man kann auch uns Dudes ganz schon klischeehaft und tumb in eine Idiotenschublade stecken (vielleicht, weil viele von uns auch wirklich so funktionieren). Bevor ich mich hier akademisch um Kopf und Kragen rede. Das mir bisher völlig unbekannte Metallbau-Unternehmen Liesner hat einen sensationell witzigen Twist in einen ebenso sensationell dummen tiktok Trend bekommen. Humor in der Kommunikation: Man muss nur lange genug graben.
“Where other headlines end, Meduza begins” (Meduza)
✍️ Meduza ist eines der wichtigsten Presseerzeugnisse der russischen Opposition. Oft unter schweren Bedingungen und unter großer Gefahr herausgegeben, zeigt Meduza, dass es da noch ein anderes Russland gibt als das, dass sich uns sonst präsentiert. Die neue Kampagne hat das tolle Team von Lure, Berlin, umgesetzt. Wer das Team von Meduza unterstützen will kann das hier tun.
The Sanctuary (Chevrolet)
🚗 Ungewöhnliche 5:31 Minuten und wunderbar inszeniert: Anomaly zeigt, wie eine All-American Marke wie Chevrolet zur Weihnachtszeit den richtigen Ton für eine Markenstory zwischen neu und alt trifft. Vater und Sohn reflektieren auf der Bank ihres 1978er Chevy Pickups über Vergangenheit und Zukunft – groß gedacht und die Marke perfekt in Szene gesetzt. Well done.
The Rhythm of Life (Vodafone)
❤️ Vor ein paar Wochen hatte ich im Rahmen eines BVDW Panels eine Diskussion über AI in Weihnachtsspots (jeder fand den AI-Coke Spot schlimm, ich auch). Dennoch war meine These, dass es darum gar nicht geht, weil wir all die jetzt kommenden AI Werbeschmonzetten als Prototypen verstehen müssen. Große Marken testen gerade, was in Sachen Werbefilmproduktion und AI geht, wie effizient das Ganze geht und wie echt es wirken kann.
Nein, bei Coke ist das - völlig subjektiv - nicht gelungen. Doch, bei Vodafone passt das schon deutlich besser. Wenn man auch zugeben muss, dass es immer einen leicht dystopisch-leblosen AI-Glow in diesen Spots gibt, der nie weggeht. Aber das kommt sicher auch bald.
Experiences
Über Erlebnisse und Flows
Neue Galerieseite des Rijksmuseums (Rijksmuseum)
🎨 Das Amsterdamer Rijksmuseum hat seine Galerieseite neu gestaltet. Eine hervorragend aufbereitete Plattform mit einer riesigen Fülle an Infos zu den Kunstwerken. Die neue Seite ist extrem aufwändig und ein Benchmark, wie Museen Kunst im Netz präsentieren. Dennoch: Übers Original geht nichts.
Wie klingt Kunst? (National Gallery x Google Arts & Culture)
🎨🎵 Und noch ein interessantes Interface und nochmal Kunst: Die National Gallery fragt zusammen mit Google Arts & Culture, wie Kunst klingt. Mit dem National Gallery Mixtape werden dann berühmte Kunstwerke in Klang übersetzt mit einem Mix aus visuellen und auditiven Eindrücken als Resultat. Zwar irgendwie schon mal gesehen. Aber ich mochte das irgendwie. Auch in Sachen Interface.
UX LEGO Interfaces(Interaction Magic)
🧱 Ein ungewöhnlicher Artikel, der zeigt, wie LEGO-Steine helfen können, die Grundlagen physischer Interface-Gestaltung zu verstehen. Mit 52 „Bricks“ werden Prinzipien wie Layout, Organisation und Design auf greifbare Weise erklärt. Ein klein wenig UX-philosophisch und damit automatisch etwas komplexer. Aber wenn man sich die Zeit genommen hat, ist man sehr dankbar für das neue Wissen.
Design
Über gute Gestaltung
Canva: Design Trends 2025 (Canva)
🎨 Canva mit seiner jährlichen Design-Vorausschau – oder Rückschau? Man weiß es nicht. Toll kuratierte Liste von Looks, die die Community gut findet und die Canva zum Jahresausklang präsentiert. Designseitig fällt mir immer wieder auf, wie wenig sich unsere krisenhafte Zeit in diesen hübsch weichgespülten Social Media Trends niederschlägt. Aber vielleicht ist das auch ein Zeichen unserer Zeit, dass auch gestalterisch beides nebeneinander existiert: Dubai Schokolade und Weltuntergang.
Pinterest Predicts (Pinterest Business)
📌 Und noch eine hübsche Trendliste für 2025. Auch Pinterest zeigt in seiner jährlichen Pinterest Predicts-Vorschau seine Looks für das kommende Jahr. Auch hier ein munteres Nebeneinander hübscher bunter Trends mit Namen wie Cherry Vibe und Castlecore mit einer Welt, die immer düsterer wird. Ich persönlich dachte, die Looks 2025 heißen: Doomsday Dream und Trump Takeover oder so. 😅 Aber vielleicht bin das nur ich.
Design trifft Brettspiel: Eine spannende Kombination (It’s Nice That)
🎲 Ganz spannender Artikel. In einer Zeit der digitalen Sättigung erleben Brettspiele gerade ein Comeback. Einige Designer:innen experimentieren mit der Schnittstelle von Spiel und Design – eine spannende Mischung, die jedoch viel Fingerspitzengefühl erfordert, um den Game-Flow nicht zu stören. Wie viel Design ist zu viel? Wie viel Spiel muss rein? Wie balanciert man beides aus?
Content
Wie wir bessere Inhalte gestalten und sie zu den User:innen bringen.
Ein Framework für funktionierenden Content (Lauren Pope)
📋 Die Content-Strategin Lauren Pope hat ein großartiges Framework für wirkungsvollen Content entwickelt – inklusive praktischer Checkliste (we like!) und definierter “Gelingkriterien” für “guten Content”. Schön strukturiert, nachvollziehbar und schlau.
SEO für Founder mit vollem Terminkalender (AHREFS)
📈 Der wirklich wahnsinnig gute SEO/Content Blog des Software-Anbieters AHREFS hat die wichtigsten, ersten und naheliegendsten Todos zusammengefasst, die Founder in Sachen SEO machen müssen. Warum Founder? Weil die eigentlich keine Zeit und keine Lust auf SEO haben und dafür wenig Zeit einplanen.
Vintage Werbung: Das Garfield Phone
Nicht immer ganz zeitgemäße Kommunikation aus der bösen alten Zeit.
Ja, es gab mal eine Zeit, in der Menschen a) Garfield lustig fanden und b) Garfield Telefone mit klappernden Augen eine Innovation waren. Fun fact: Ich war zu diesem Zeitpunkt schon auf der Welt.
Plattformen
Artikel über Big Tech, die ich gerade spannend fand.
TikTok droht jetzt das Aus in den USA (New York Times)
📱 Tiktok unterlag gerade in einem Berufungsverfahren. Bis zum 19. Januar könnte TikTok nun tatsächlich in den USA verboten sein – es sei denn, der Mutterkonzern ByteDance verkauft die Plattform an ein nicht-chinesisches Unternehmen. Ein drastischer Schritt, der bei Fans für Schock sorgt, aber politisch nach der gehackten Wahl in Rumänien nachvollziehbar ist. Der Oberste Gerichtshof entscheidet. Einen Rant, speziell über den hier kaum diskutierten, und völlig unfassbaren Rumänien Hack habe ich hier hinterlassen, wer ihn lesen will.
US-Werbekunden kehren langsam zu X zurück (Adweek)
💵 Natürlich gelten Regeln für Social Networks in den USA nur für Plattformen die amerikanisch sind. Musk kann selbstverständlich tun und lassen, was er will. Wie praktisch. Ganz langsam rollt der Rubel für X wieder. In den USA läuft bei den Big Spendern in den USA das Werben auf X wieder an – obwohl viele sich zuvor publikumswirksam zurückgezogen hatten. Scheinbar hat die Wirtschaft verstanden, mit wem man es sich jetzt nicht verscherzen sollte, bei den neuen Machtverhältnissen.
Der neue Mainstream (The Atlantic)
🎙️ Dass Werbekunden zu X zurückkommen, sagt auch viel über unseren Kapitalismus in der Demokratiekrise aus. Es zeugt aber auch vom Siegeszug “alternativer Medien”. Der Switch von der Institution zum Individuum als Medienversender ist vollzogen; Menschen wie Joe Rogan und Elon Musk sind faktisch die neuen Mainstream Medien. Mit Millionen Klicks überstrahlen sie etablierte Medien – ohne jedoch deren journalistische Standards zu erfüllen.
Schlaue Karten: Zwei Karten, 11 Tage
In Ernest Hemingways Roman Fiesta fragt ein Gesprächspartner einen anderen, wie er bankrott gegangen sei, woraufhin dieser die Antwort gibt: „Auf zwei Arten. Allmählich, dann plötzlich.“ Dieser Satz ist durchaus eine Lehre darauf, wie Kriege (vorerst zumindest) enden.
Noch weiß wohl niemand genau, was in Syrien jetzt passiert. Aber heute (Sonntag) Morgen melden Medien die Einnahme von Damaskus und die Flucht von Diktator Assad. Gleich wer die neuen Herrscher sind: Der Kollaps von Assads 50-Jahre dauernden Terrorregime in einem 14 Jahre dauernden Bürgerkrieg verschlägt einem die Sprache. In nur 11 Tagen kollabierte seine rot kontrollierte Fläche (oben) auf die Fläche unten. Und das nach Jahren festgefressener Fronten und mit Unterstützung Putins. (Props an reddit User tightypp für die Karten) Noch fehlt mir der Glaube, aber ich hoffe, dass es die Syrier:innen irgendwie schaffen, stabileren und friedlicheren Tagen entgegenzugehen.
Wahre Geschichte
Alles, was ich interessant fand aber sonst nirgends einordnen kann.
Heinz Schenk: Der 20 Millionen Mann (ARD)
“Witzischkeit kennt keine Grenzen” - vielen ist Heinz Schenk durch seine Rolle als Heinz Wäscher in Hape Kerkelings Comedy “Kein Pardon” bekannt. Als Hesse muss ich natürlich protestieren. Schenk war in seiner Show als Schankwirt in der fiktiven Bembelkneipe “Der blaue Bock” über fast 25 Jahre der Innbegriff des Hessen im TV - mit bis zu 20 Millionen Zuschauern. Die ARD widmet dem komplexen Charakter Heinz Schenk einen überfälligen Nachruf. Auch kulturhistorisch sehr sehenswert.
52 Things I Learned in 2024 (Tom Whitwell)
📚 Tom Whitwell liefert zum Jahresende wieder eine seiner großartigen, klickbaren Listen. Auch 2024 teilt er 52 Dinge, die er in den letzten 52 Wochen gelernt hat – und jede Woche war etwas Interessantes dabei. Sehr empfehlenswert.
Die Pazifik-Durchquerung von Aurimas Mockus (The Guardian)
🌊 Die ziemlich wahnsinnige Geschichte des Litauers Aurimas Mockus: Er paddelt gerade alleine von Kalifornien nach Australien, um den Pazifik zu durchqueren – größtenteils nackt. Durch Zyklone, 6-Meter-Wellen und mit ziemlich wenig Schlaf. Ich weiß nicht, warum man sowas tut. Aber toll ist es.
“The Graveyard Of The Outcast Dead” (Frank Turner)
🎄 Zum Schluss dieses Newsletters gibt es ja immer Musik. Und weil ich Team Weihnachten bin und Weihnachtsmusik mag, teile ich jedes Jahr Anfang Dezember auch meinen liebsten Weihnachtssong. Der ist seit Jahren zweifellos Frank Turners düstere Weihnachtsballade “The Graveyard of the Outcast Dead”. Und hier ist sie.
Danke für deine Aufmerksamkeit. Noch ein Beitrag in eigener Sache:
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Dieser Newsletter repräsentiert übrigens zu 100% meine persönliche Meinung.
Der Link zu „wie klingt Kunst“ ist broken. Ansonsten wieder eine großartige Ausgabe. Danke und eine schöne Weihnachtszeit 🙌🏻