Am Ende eines persönlich guten - aber auch wahnsinnig anstrengenden - Jahres möchte ich mich bei dir und euch bedanken. Nämlich, dass ihr Leser:innen dieses Newsletters seid.
davaidavai war für mich als Newsletter ein publizistisches Experiment und begleitet mich als Aufgabe neben Job, Familie und Hobbies über mehr als vier Jahre in dieser Form (und noch sehr viel länger als Blog). +120 Ausgaben schreiben macht nur dann Freude, wenn sich jemand am Empfangsende darüber freut oder es nützlich findet, was man da zusammenstellt. Dass du das scheinbar tust, ist meine Motivation. Dafür darf man zum Jahresende auch mal Danke sagen.
Noch ein persönlicher Gedanke zum Jahresausgang:
Ich bin das Jahr nochmal Vater geworden und natürlich fragt man sich, in welcher Welt man in dieser Zeit Kinder groß zieht. Auf dem Weg, den ich mit meiner Tochter jeden Morgen zur Kita nehme, stehen an einem Friedhof auf einem großen Banner immer nur zwei Worte “Finde Frieden.” Ich habe länger drüber nachgedacht, was das bedeuten kann. Anders als das - gut meinende aber leider allzu oft naive - “seid doch mal alle friedlich”, habe ich es für mich übersetzt mit: “Wenn du für dich selbst keinen Frieden findest, findet es die Welt um dich herum auch nicht.” Ich kann mit dieser Friedensdefinition persönlich etwas anfangen - es ist zumindest die Friedensdefinition, die mir am meisten hilft, weil ich sie als Mensch selbst kontrollieren kann. Sie hat mit mir zu tun.
Gut bebildert und vertont hat diesen Gedanken der große Sir Paul McCartney 1983 mit “Pipes of Peace”, das auch als Musikvideo in sich fantastisch ist. 👇 In dem Video spielt McCartney den tatsächlich authentischen Weihnachtsfrieden von 1914 nach. Vier Monate nach Ausbruch des Ersten Weltkriegs kam es dabei am Weihnachtstag zu spontanen Verbrüderungen zwischen Engländern und Deutschen. Statt sich gegenseitig umzubringen, trafen sie sich im Niemandsland der Front, rauchten, tranken und spielten Fußball, bis der deutsche Generalstab die Versammlung irgendwann auflöste. McCartney spielt in Pipes of Peace den Weihnachtsfrieden in einem deutsch-englischen Dialog durch. Rührend und auf vielen Ebenen wahr. Und, 1983, in einer Zeit komponiert, die ebenfalls dystopisch und sehr unsicher wirkte.
Auch wenn ich Pipes of Peace als politisches Statement nicht allzu sehr verklären will, und auch wenn die Konflikte unserer Zeit nicht mit “Jetzt macht doch mal Frieden” zu lösen sind, steckt in dem Song eine tiefere Wahrheit, an die ich dieses Jahr als Vater besonders denke. Und zwar dann, wenn McCartney über unser aller Job singt, den wir als Vorbilder und Eltern tatsächlich in einer unsicheren Zeit kontrollieren können. Der nächsten Generation menschlich ein Vorbild sein, dass sie es vielleicht ein Stück besser macht:
“Help them to learn
Songs of joy instead of "burn, baby, burn"
Let us show them how to play
The pipes of peace
Play the pipes of peace.”
In diesem Sinne. Wir sehen uns 2024 wieder mit der 122. Ausgabe von davaidavai.
Bis dahin frohe Weihnachten, einen guten Rutsch. Und ein fantastisches neues Jahr 2024, in dem wir hoffentlich alle unserem Frieden etwas näher kommen.
Gerald Hensel
P.S. Spooky Fun Fact. Es gibt ein Bild vom Weihnachtsfrieden 1914, auf dem ein Soldat erscheint, der Paul McCartney wie aus dem Gesicht geschnitten zu sein scheint. Man achte auf den deutschen Soldaten mittig links hinter diesem Link.
Lieber Gerald, ich bin relativ neue Followerin und möchte mich an dieser Stelle einfach mal bedanken. Für einen der wirklich rar gesäten Newsletter mit m. E. hohem Mehrwert und ebenso hohem Spaßfaktor beim Lesen. Lieben Dank dafür!
Freue mich auf ein weiteres Fischbrötchen in 2024!